Kann die Energiewende noch dezentral gelingen?

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Es funktioniert – wenn man will!

LAABER. Ganz im Zeichen einer dezentralen Energiewende stand die achte Station der Themenreise von Tanja Schweiger. Die Landratskandidatin der FREIEN WÄHLER setzt sich seit Jahren für eine dezentrale Energieerzeugung gemeinsam mit den Menschen vor Ort ein. „Durch den Umbau in der Energiestruktur haben wir die einmalige Chance, eine größere Unabhängigkeit zu erreichen.“ Wie das Thema unter den Nägeln in der Bevölkerung brennt, zeigte das große Interesse. Der Rittersaal im Gasthof der Familienbrauerei Plank war proppenvoll.
Doch zuvor konnten sich die Besucher ein Bild vom Wasserkraftwerk der Familie Plank machen. Dieses versorgt das Privathaus und den kompletten Betrieb mit Strom zu hundert Prozent. Ein ausgefeiltes Prioritätenmanagement sorgt dafür, dass es im Betrieb zu keinen Engpässen kommt und nicht externer Strom hinzugekauft werden muss. Außer an wenigen Wartungstagen im Jahr ist die Familie Plank völlig autark.
Dr. Michael Sterner, Professor für Energiespeicher an der OTH und Leiter der Forschungsstelle für Energienetze und Energiespeicher (FENES) zeigte sich zum Einstieg seiner Präsentation davon überzeugt, dass die Energiewende gelinge, „wenn man die Energieerzeugung wieder sehen kann“.
Früher sei das Holz zum Heizen und Kochen aus den Wäldern gekommen. Auch die Kraft des Windes, des Wassers und der Sonne sei bereits genutzt worden. Erst seit der industriellen Revolution habe sich die Versorgung mit Energie, erzeugt aus Gas, Kohle und Öl, unter die Erdoberfläche verlagert. Die zu Ende gehenden Ressourcen sowie die Bedrohung der Umwelt durch den CO2-Ausstoß machen eine Neuorientierung bei der Energiegewinnung und -versorgung erforderlich.
In seinem fundierten und lebendigen Vortrag gab es Informationen zur Energiewende, zur Stromwende, zur Wärmewende und zur Verkehrswende – zum Teil Begriffe, die manche vorher noch nie gehört oder gelesen hatten. Anschließend wurde allen sehr rasch klar, dass die Energiewende mehr ist als bloße Investition in Photovoltaikanlagen, Windräder und Wasserkraftwerke. Es ist eine Herausforderung für uns alle, die wir nur gemeinsam lösen. Aber das sind wir unseren Kindern schuldig.
Sehr eindrucksvoll wies Dr. Sterner nach, dass die Erzeugerpreise für Strom aus Windkraft am günstigsten seien. Als aktuelle Preistreiber nannte er die Preise für Öl und Gas sowie das System der EEG-Umlage, das vor allem die Kleinverbraucher belaste. Er sei davon überzeugt, dass die Investition in Erneuerbare Energie (EE) ab 2030 rentabel sei, und zwar mit einer jährlichen Rendite von vier bis sieben Prozent. Heute werde bereits zu viel Energie erzeugt. Würde nur die Energie erzeugt, die tatsächlich verbraucht werde, könne mit der Windkraftnutzung von einem Prozent der bayerischen Landesfläche rund 50 Prozent unseres Strombedarfs gedeckt werden. Wenn jedoch Windräder nicht gewünscht seien, müsse eben „mehr Strom aus Sonne und Holz produziert werden, da unsere Potenziale bei Wasserkraft, Erdwärme und Biogas begrenzt sind“.
Zur Frage der Speicherbarkeit des regenerativ erzeugten Stroms empfahl Dr. Sterner das inzwischen ausgereifte Prinzip Power-to-Gas, also die Umwandlung von Windstrom oder Sonnenstrom in Gas. Nicht zuletzt, da Gas auch über einen längeren Zeitraum nahezu verlustfrei speicherfähig sei und wir ein hervorragend ausgebautes Gasnetz haben. Ein Speicherwerk für die Energie aus 10 Windrädern (30 Megawatt) koste nach seiner Schätzung rund zwei bis drei Millionen Euro.
Zur aktuellen Diskussion der heftig umstrittenen Stromtrassen hatte der Professor eine klare Botschaft: dezentrale Erzeugung und Versorgung. Einzubeziehen seien dabei auch Photovoltaik-Anlagen und die Verwertung von Holz, das in Bayern mit einem Festmeter pro Sekunde nachwachse, also in ausreichender Menge zur Verfügung stehe. Eine regionale Energiewende schlage sich darüber hinaus auch in regionalen Arbeitsplätzen und Gewerbesteuereinnahmen nieder, was in strukturschwachen Regionen ein gutes Argument sein sollte. Tanja Schweiger erklärte: „Wir Einwohner im Landkreis Regensburg geben zusammen pro Jahr über 600 Millionen Euro für Energie aus. Wenn es uns gelingt, nur einen kleinen Teil davon in eigener Verantwortung zu erzeugen, dann bleibt das Geld bei uns und fließt nicht ab. Das ist ein echtes Konjunkturprogramm.
Die Ausführungen zum Thema Verkehrswende blieben – auch auf Grund der fortgeschrittenen Zeit – kurz und prägnant: „Wenn Sie alle nicht mitmachen, dann wird’s nix“. Zur Verdeutlichung hielt Dr. Sterner seinen Fahrradhelm hoch. Er habe gar kein Auto, sei mit dem Zug angereist und sein Fahrrad stehe am Hauptbahnhof in Regensburg. Zusammenfassend betonte der bodenständige Niederbayer: „Alles, was ich regional erzeuge, brauche ich nicht zu transportieren. Und Klimaschutz ist Heimatschutz“.