Flutpolder Regensburg – Bereisung durch den Umweltausschuss des Landtags

Umweltausschuss informierte sich über mögliche Flutpolderstandorte im Landkreis Regensburg – Landrätin Tanja Schweiger forderte vertiefte Untersuchungen: „Wir erwarten, dass die Zusagen des Umweltministers eingehalten werden“
Regensburg (RL). Auf Initiative von Landrätin Tanja Schweiger besuchte der Umweltausschuss des Bayerischen Landtags unter der Leitung von Dr. Christian Magerl den Landkreis Regensburg, um sich vor Ort über die Gebiete, die von der aktuellen Diskussion um Hochwasserschutz und Flutpolder betroffen sind, zu informieren. Neben den Mitgliedern des Umweltausschusses waren unter anderem der Regierungsvizepräsident, der Leiter des Wasserwirtschaftsamts, die Bürgermeister der betroffenen Gebiete sowie die Vertreter der Interessensgemeinschaft gegen Flutpolder eingeladen.Flutpolder Bereisung
Landrätin Tanja Schweiger (5. v. l.), Ausschussvorsitzender Dr. Christian Magerl (7. v. l.) und Prof. Martin Grambow (9. v. l.) bei der Informationsfahrt in der Nähe von Wiesent.

Die Sorgen und Ängste der Bevölkerung vor den möglichen Flutpoldern im östlichen Landkreis Regensburg liegen bereits seit Jahren auf dem Tisch. Anfangs waren vier Flutpolder im Gespräch. Mittlerweile werden vom Umweltministerium nur noch die Polder Eltheim und Wörthhof in Betracht gezogen. Insgesamt 33 Millionen Kubikmeter Wasser sollen beide Polder im Landkreis Regensburg im Extremfall aufnehmen können, um die Spitzen des Hochwassers für die Unterlieger an der Donau zu brechen. Das Wasser würde dann bis zu vier Meter hoch in den künstlichen Poldern aufgestaut, und dies nicht ohne erhebliche Wirkung für die umliegende Bevölkerung, so die Befürchtungen der betroffenen Bürger. Vor allem die „Überflutung vieler Ortschaften von unten“ durch das Grundwasser und die Gefährdung der Trinkwasserbrunnen, die in nächster Nähe zu den angedachten Poldern liegen, bedrücken die Bevölkerung in den hauptsächlich betroffenen Gemeinden Pfatter, Barbing, Wörth a. d. Donau und Wiesent . Hinzu kommt die mögliche Gefährdung der Abwasserversorgung und eine Gefährdung bestehender Friedhöfe, um nur einige der zahlreichen Gründe zu nennen, die gegen den Bau von Flutpoldern im östlichen Landkreis Regensburg sprechen.

Landrätin Tanja Schweiger setzte sich bereits als Landtagsabgeordnete gegen den Bau der Flutpolder im Landkreis Regensburg ein. Als Landrätin wird Tanja Schweiger in ihrer Position gegen die Flutpolder von allen Fraktionen des Kreistags unterstützt. „Ich habe vor kurzem in einem Brief den Umweltminister gebeten, mir mitzuteilen, welche konkreten Schritte von Seiten der Landespolitik geplant sind und welche Zeitscheine vorgesehen ist“, informierte die Landrätin. Bisher habe der vom Landkreis zu Rate gezogene Gutachter Prof. Andreas Malcherek auf fachlicher Ebene den von Professor Peter Rutschmann erstellten Abschlussbericht aus dem Jahr 2012 einsehen können. Die Daten in digitaler Form, so dass Professor Malcherek damit auch arbeiten könne, habe man aktuell noch erbeten. „Eine gemeinsame fachliche Bewertung wäre eine gute Vertrauensbasis für weitere Detailuntersuchungen“, so die Landrätin, die nochmals bekräftigt, dass Umweltminister Dr. Marcel Huber detaillierte Untersuchungen zur Grundwassersituation und zur Trinkwasserversorgung für zwingend erforderlich halte, bevor Aussagen zu einer Realisierbarkeit der Polder getroffen werden könnten. Darüber hinaus sollten transparente Verfahren mit einem umfassenden Beteiligungsprozess durchgeführt werden. „Wir erwarten, dass die Zusagen des Umweltministers eingehalten werden“, so Landrätin Tanja Schweiger.

Vor allem in Kiefenholz, der Ort liegt hinter einem Deich rund vier Meter tiefer als der Wasserspiegel der Donau bei Normalwasser, wird verständlich, dass sich die Menschen hier nur schwer weitere Deiche in Form von Flutpoldern vorstellen können. Diesen Ort besuchten die Abgeordneten des Umweltausschusses bei ihrer Informationsfahrt durch das mögliche Poldergebiet. „Kiefenholz wäre im Westen vom Donaudamm und im Süden vom Polderdamm umschlossen. Im Norden führt auf einem Damm die Autobahn A3 vorbei“, schilderte Stefan Kramer von der Interessensgemeinschaft (IG) Flutpolder das Szenario des Polders Wörthhof. „Das hier in der Umgebung sind alles Kiesböden. Bei anhaltenden Regenfällen ist das Grundwasser nur wenige Zentimeter unter der Geländekante“, fügte Markus Hörner, Sprecher der IG Flutpolder hinzu. Bei der Informationsfahrt zeigte Hörner den Gästen dann auch eine frisch aufgebaggerte Kiesgrube südlich der Bundesstraße B8 bei Geißling. Das Niveau des Wasserspiegels lieferte den Nachweis, dass das Grundwasser dort bereits zu „normalen Zeiten“ sehr hoch ist.

Man habe ohnehin schon jetzt bei länger anhaltenden Regen Probleme mit dem Grundwasser. „Bei uns läuft das Wasser schon in die Keller, wenn sich kleinere Hochwasser ereignen. Wir haben Angst, dass sich diese Problematik noch verschärft, wenn durch die Flutpolder ein Wasserteppich von bis zu vier Metern auf das Grundwasser drückt. Dann steht das Wasser bei uns in den Kellern und vielleicht auch im Erdgeschoss“, so die Befürchtung von Hörner. Genährt wir diese Angst nicht nur durch die jahrelange Erfahrung der Bevölkerung mit Grundwasserschäden, sondern auch durch ein Gutachten der Stadt Neutraubling zum Grundwasserspiegel. Neutraubling liegt „in der zweiten Reihe“ hinter den betroffenen Gemeinden. Im Gutachten heißt es „ Bei einer Überflutung des Vorlandes wird der Grundwasserspiegel im Durchschnitt 0,5 Meter über der eingemessenen Kellersole liegen. Praktisch alle Keller in Neutraubling wären überflutet, nur in vier Fällen liegt der Wasserspiegel wenige Zentimeter unter der jeweiligen Kellersohle.“ Heute könne das Grundwasser in den betroffenen Gebieten gerade noch so auf einem erträglichen Niveau gehalten werden, da die Binnenentwässerung noch funktioniere. Die Entwässerungsgräben verlaufen parallel zur Donau und liegen in den Poldergebieten. „Werden nun diese Gräben geflutet kann dieses Graben- und Pumpensystem nicht mehr funktionieren
und das Grundwasser wird in den Ortschaften noch extremer Ansteigen als bisher“, befürchtet Stefan Kramer.

„Ein Imagefilm für Flutpolder wird an unseren Problemen vor Ort nichts ändern“, betont Landrätin Tanja Schweiger in Anspielung auf die von Umweltminister Marcel Huber angekündigte Informationsoffensive zum Hochwasserschutz in Bayern. „Wir müssen das Hochwasser bereits dort zurückhalten, wo es entsteht“, fordert die Landrätin. Rückhaltebecken müssten an den Zuläufen der großen Flusssysteme, wie z.B. in Bach an der Donau schon erfolgt, gebaut werden. „Zuerst die schnelle Einleitung von Zuflüssen in das Hauptgewässernetz, dann die Erhöhung von Dämmen und jetzt der Bau von künstlichen Flutpoldern werden die Hochwasserproblematik in der Fläche nicht lösen“, ist sich die Landrätin sicher.

Der Landkreis Regensburg will sich nicht aus der Solidaritätsgemeinschaft innerhalb Bayerns beim Hochwasserschutz ausklinken. Die Vorteile solcher Mammutprojekte müssen jedoch einerseits deutlich erkennbar sein und andererseits die Nachteile, die dadurch entstehen, deutlich aufwiegen. Der Landkreis beharrt deshalb auf der von Umweltminister Dr. Marcel Huber gegebenen Zusage, umfassende großräumige Untersuchungen und detaillierte Grundwassermodellierungen durchzuführen zu lassen. „Sollte sich nach eingehenden Untersuchungen an den angedachten Standorten für gesteuerte Flutpolder herausstellen, dass negative Auswirkungen technisch nicht kompensiert werden können, sind diese Standorte ungeeignet“, so die Worte des Umweltministers.

Prof. Martin Grambow, Leiter der Abteilung Wasserwirtschaft im Umweltministerium, betonte, dass man sich derzeit mitten in der Voruntersuchung zu Flutpolderstandorten befinde. Ein Grundwassermodell gebe es derzeit noch nicht. Es sei das Ziel der Wasserwirtschaft, durch die Errichtung eines bayernweiten Flutpoldersystems den Hochwasserwellen an den großen Flüssen die Spitzen zu kappen. Für die Landwirte, deren Flächen in den Flutpolderflächen liegen würde, gäbe es eine volle Entschädigung im Schadensfall. Prof. Grambow sicherte auch zu, dass Prof. Malcherek, der vom Landkreis hinzugezogene Gutachter, die digitalen Datengrundlagen des jüngsten Hochwasser-Gutachtens von Prof. Rutschmann bekommen werde. Landrätin Tanja Schweiger hatte darum gebeten, damit Prof. Malcherek auf der Grundlage der bereits erhobenen Daten eigene Berechnungen zur Grundwasserproblematik anstellen könne.

Dr. Christian Magerl, Vorsitzender des Umweltausschusses des Bayerischen Landtags, betonte am Ende der Informationsfahrt, dass der Ausschuss nicht nur die technische Machbarkeit sondern natürlich auch die Sorgen der Menschen in diesem Gebiet bei einer Entscheidung berücksichtigen werde. Eine Zeitschiene für ein mögliches Verfahren gebe es noch nicht, erklärte Prof. Grambow.

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