Was hat Sie am meisten verblüfft, als Sie Ihre Aufgabe als Landrätin angetreten haben?
Die Fülle und Vielfältigkeit der Aufgaben und zugleich die guten Strukturen, die ich vorgefunden habe. Die Verwaltung im Landratsamt ist gut aufgestellt. Ich war und bin sehr dankbar, auf diese Unterstützung setzen zu können und stets schnell fundierte Informationen zu bekommen. Allerdings bringt es eine große Verwaltung auch mit sich, dass die Mühlen manchmal sehr langsam mahlen. Das ist für mich nicht so leicht auszuhalten. Ein enger Mitarbeiter sagte einmal zu mir: „Da sind sie wieder, diese zwei Welten: Das Amt und Sie prallen aufeinander.“ Wir sind auf einem guten Weg, die Strukturen weiter zu verbessern, zu verschlanken und noch mehr dienstleistungsorientiert zu denken. Trotzdem sind wir auch eine staatliche Behörde, die für Recht und Ordnung zu sorgen hat. In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns.
Wie sind Sie von den Bürgerinnen und Bürgern als Landrätin angenommen worden?
Ich glaube, sehr gut. Die Menschen – das wird mir oft gesagt – erleben mich als offen und zuverlässig. Das freut mich sehr. Ich bin viel im Landkreis unterwegs, greife Anliegen auf, bleibe dran und sehe zu, dass das Machbare umgesetzt wird. Mir ist wichtig zu erfassen, wo der Schuh drückt. Wir haben zum Beispiel auch ein Beschwerdemanagement eingerichtet, das uns dabei wertvolle Dienste leistet.
Was fordert einen in einem solchen Amt besonders?
Das sind die vielen unterschiedlichen Aufgabenbereiche. Als Landrätin leitet man eine große Behörde, vertritt den Landkreis nach außen und ist damit auch Vorsitzende von gut 15 Vereinen und Organisationen, die entsprechend Aufmerksamkeit brauchen. Mein Anspruch ist, diesen nicht nur vorzustehen, sondern auch Inhalte, Arbeitsweise und Struktur zu beleuchten. Dabei ist die größte Herausforderung, den Arbeitsalltag so zu ordnen, dass man jederzeit den Überblick behält. Gott sei Dank habe ich sehr gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auf die ich mich verlassen kann.
Wie ist die Stimmung gerade im Landkreis? Was nehmen Sie wahr?
Ich glaube, wir sind gut aufgestellt – professionell und dabei aber unaufgeregt unterwegs. Mir ist wichtig, dass unsere Region stabil bleibt. Vernetzung in allen möglichen Bereichen leistet da wertvolle Unterstützung! Nehmen wir zum Beispiel die ehrenamtliche Arbeit: Hier gibt es seit 2015 die Vereinsschule, die Menschen und Organisationen erfolgreich zusammenbringt. Sehr gut gelungen ist uns das auch im LandKulturForum. Weitere Initiativen wie „Beruf und Familie. Geht gut bei uns!“, „Ausbildung geht gut bei uns!“ oder „Inklusion geht gut bei uns!“ bieten neue Kooperationsmöglichkeiten . Was mir eine gewisse Sorge bereitet, ist der Beginn der gesellschaftlichen Spaltung: Stadt gegen Land, Jung gegen Alt, „Öko“ gegen „Konventionell“. Minderheiten, die die Deutungshoheit bekommen gegen die vernünftige Mehrheit, die nicht gehört wird. Veröffentlichte Meinung, die nicht mehr der öffentlichen Meinung entspricht. Je mehr Ideologen Raum bekommen, umso mehr verhärten sich die Fronten. Ganzheitliche Politik und eine Herangehensweise, die alle mitnimmt und nicht ausschließt oder spaltet, die die Gemeinsamkeiten in den Mittelpunkt stellt, sehe ich als die größte Herausforderung und Verantwortung, der ich mich verpflichtet fühle.
Wie lief die Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen im Kreistag?
Hier muss man zunächst akzeptieren, dass jede Fraktion in einem politischen Wettstreit steht und sich entsprechend positioniert, um das eigene Profil zu schärfen. Stellt man das vorneweg und erkennt das an, kann ich sagen, dass die Zusammenarbeit gut gelaufen ist. Wir können, glaube ich, alle sehr zufrieden sein über den Umgangsstil, das echte Interesse und die fast immer einstimmigen Beschlüsse.
Über welche Erfolge freuen Sie sich besonders?
Da gibt es einige … Für unser Bauprojekt „R30neu“ haben wir über 70 Hektar Tauschgrund erworben. Nach sieben Jahren Wartezeit liegt nun endlich ein für uns positives Gerichtsurteil vor, so dass wir hoffentlich bald mit dem Bau der Kreisstraße beginnen können. Für das Krankenhaus in Wörth a. d. Donau haben wir Erweiterungsflächen gekauft, um mehr Platz für Patienten zu haben. Grunderwerbsverhandlungen sind schon immer eine besondere Herausforderung. Mit elf weiteren Landkreisen und kreisfreien Städten haben wir bei der Bayerischen Eisenbahngesellschaft ab 2022 eine bessere Taktung auf der Schiene erreicht, weil wir gemeinsam und geschlossen aufgetreten sind. Über mehr Sozialwohnungen freue ich mich besonders. Dank der guten Zusammenarbeit mit den Bürgermeistern sind 300 neue Sozialwohnungen entstanden. Das sind immerhin gut 30 Prozent. Wir haben jetzt endlich – nach vorheriger zweimaliger Ablehnung – eine Fachakademie für Sozialpädagogik, um Erzieherinnen und Erzieher auszubilden, die wir dringend brauchen. Bei den Schulbauten hatten wir sehr gute Planungen, die exakt eingehalten wurden – insbesondere hinsichtlich der Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs, des Kostenrahmens und der Energieeffizienz. Auch die Sanierung des Altbaus im Landratsamt ist gut gelungen. Grundsätzlich muss man sagen, dass solche Erfolge meist eine Vorlaufzeit von mehreren Jahren haben. Gerade im letzten Jahr wurde einiges davon sichtbar. Hier will ich gerne weiter die Ärmel hochkrempeln.
Was ist Ihnen ein besonderes Anliegen für die nächsten sechs Jahre?
Dass wir die Projekte, die wir angestoßen haben, fortführen können: zum Beispiel die nächsten Schulen nachhaltig sanieren, die Digitalisierung voranbringen, das Angebot des RVV hinsichtlich Taktung und Tarife weiter verbessern oder noch mehr Energie selbst in der Region erzeugen und unsere Vorreiterrolle im Bereich „Klimaschutz“ weiter ausbauen. Gemeinsam mit dem Freistaat erstellen wir gerade für die Region Regensburg ein neues Verkehrskonzept, das erstmalig nicht nur eine Straßenverkehrsplanung beinhaltet, sondern die gesamte Mobilität verbessern soll. In den nächsten fünf bis zehn Jahren wird ein großes Umdenken in der Gesellschaft passieren, für das die passenden Lösungen bereits da sein müssen.
Was ist Ihr wichtigster Grundsatz, um gute Politik für die Menschen im Landkreis machen zu können?
Ehrlichkeit, Dinge reell einschätzen und das auch so kommunizieren. Visionen sind wichtig, aber man muss sie auch mit der Realität abgleichen. Wir prüfen, ob wir eine Chance haben, Dinge durchzusetzen oder nicht. Ich möchte nicht reißerisch unterwegs sein, sondern seriös sagen können, wohin die Reise gehen kann und was machbar ist. Ich will den Menschen keine Luftschlösser vorgaukeln, sondern ehrlich und damit berechenbar sein. Ich lasse mich vor keinen Karren spannen, sondern überlege lieber in Ruhe, was für alle gut ist.
Womit sind Sie nicht zufrieden?
Nicht zufrieden bin ich mit der Polder-Situation. Ich bin nach wie vor überzeugt, dass diese Planung unkalkulierbare Schäden bei uns verursacht und die Idee nicht zu Ende gedacht ist. Deshalb werden wir auch weiter geschlossen mit fundierten Argumenten dagegenhalten. Ich bedauere, dass die Bundesregierung bei der Energiewende immer noch und ausschließlich auf Trassen setzt. Meines Erachtens müssen in jeder Region zuerst die örtlichen Potenziale der Erzeugung und Speicherung erschlossen werden, bevor man – so aktuelle Schätzungen – 70 Milliarden Euro allein für neue Transportwege verbaut. Die Verkehrssituation bei uns ist angespannt – wie in allen Wachstumsregionen. Manches haben wir erreicht wie etwa bei Bus und Bahn. Im Regensburger Osten konnten wir gemeinsam – Stadt, Landkreis und Freistaat – einige Bereiche deutlich entzerren. Auch für den Norden von Regensburg haben wir neue Erkenntnisse gewonnen. Mit dem Bau der R30 konnten wir eine wichtige Hürde nehmen, trotzdem haben wir bis zum Spatenstich noch einiges vor uns. Der Kreistag hält unverändert zusätzliche Donauquerungen im Westen für dringend erforderlich. Hier erhoffe ich mir im Rahmen der aktuellen Untersuchungen neue Perspektiven. Die Planung für die Ostumfahrung Niedertraubling ist leider ins Stocken geraten. Da möchten wir mit der Stadt Neutraubling gerne nach neuen Wegen suchen. Alle diese Prozesse dauern jedoch sehr lang, für mich zu lang