Tanja Schweiger setzt auf Pragmatismus und Bürgerservice

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OBERTRAUBLING. Mit einem „na fang ma o“ brachte Ulrike von den Geschwistern Reisinger die zahlreich versammelten Besucher beim Wahlkampfauftakt der FW-Landratskandidatin Tanja Schweiger zum Schweigen, um dieser sowie sieben von ihr eingeladenen Fachleuten die Bühne zu überlassen. Moderator Christian Omonsky stellte zu Beginn einen abwechslungsreichen und kurzweiligen Abend im Gasthof zum Fassl in Aussicht – er hatte nicht zu viel versprochen.

„Ganz Ohr für Sie“ steht auf den Plakaten von Tanja Schweiger. Sie schenkte ihr Ohr im weiteren Verlauf sieben prominenten Vertretern verschiedener gesellschaftlicher Bereiche, um zu hören, wo der Schuh drückt. Anders als vermutlich von vielen Besuchern erwartet, nahm sie die Sorgen, Fragen und Anregungen der Fachleute zum Anlass, ihr Programm und ihre Themen, für die sie sich seit Jahren stark macht zu präsentieren. Die Fachleute waren Steuerberater Jürgen Matejka aus Schierling, Michael Eibl, Direktor der Katholische Jugendfürsorge und Kulturreferent des Marktes Beratzhausen, Barbara Wilhelm, Gemeinderätin aus Pentling und Beauftragte der Polizei für Frauen und Kinder, Monsignore Thomas Schmid, Sozialpfarrer des Bistums Regensburg, Thea Lohner-Strebl, Seniorenbeauftragte des Marktes Regenstauf, Kreisbrandrat Waldemar Knott sowie Johann Mayer, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands.

Jürgen Matejka betreut mit seiner Kanzlei zahlreiche kleinere und mittelständische Betriebe im Landkreis. Förderung so der Steuerberater, erhielten oft allerdings eher größere Unternehmen oder Konzerne. Unterstützung benötige jedoch auch sein Klientel. Tanja Schweiger nahm diese Anregung zum Anlass, ihrem Vorhaben Nachdruck zu verleihen, die Infrastruktur voranzubringen: Seit 2007 mache sie sich für eine flächendeckende Breitbandversorgung stark, damit sich Betriebe ansiedeln bzw. halten könnten. Besonders wichtig seien ihr der Ausbau des Straßennetzes im Zusammenwirken mit der Stadt Regensburg sowie die Energiegewinnung und -versorgung vor Ort, organisiert von Bürgergenossenschaften, um von Großkonzernen und weit entfernten Energiequellen unabhängig zu bleiben und einen Teil der jährlich rund 600 Millionen Euro an Energiekosten im Landkreis zu halten. Die regionale Wirtschaft und regionale Produkte lägen ihr sehr am Herzen weshalb sie besonders den in der Region verwurzelten und häufig familiengeführten Betrieben ein starker Partner sein wolle.

Michael Eibl trat dafür ein, die Kulturarbeit im Landkreis wieder mehr wertzuschätzen und dementsprechende Akzente zu setzen. Hier verwies Tanja Schweiger auf die Kreistagsfraktion der Freien Wähler, die sich für das Projekt „Kunst am Bau“ stark gemacht habe. Außerdem sei der Kulturpreis des Landkreises auf die Initiative der Freien Wähler zurückzuführen. „Ich möchte, dass der Kulturreferent des Landkreises wieder mehr Handlungsspielraum bekommt. Glücklicherweise gibt es bei uns viele Menschen, die sich hier mehr einbringen wollen. Diese will ich gerne unterstützen, auch mit dem Ziel, der kulturellen Vielfalt des Landkreises eine gemeinsame Plattform zu geben und Ideen zu bündeln.“

Als Direktor der Katholischen Jugendfürsorge regte Michael Eibl an, „Menschen in die Jugendhilfeplanung einzubeziehen, die sich tagtäglich mit diesem Thema in der Praxis beschäftigen,“ Hierzu zählte er die Wohlfahrtsverbände, soziale sowie caritative Einrichtungen aus den Bereichen der Erziehungsberatung, der Kindertagespflege oder der pädagogischen Familienhilfen. Getreu der Devise „Vorbeugen ist besser als heilen“ komme der Jugendhilfe eine nach wie vor große Bedeutung zu und das, obwohl das Jugendamt vorbildliche Arbeit leiste, antwortete die FW-Landratskandidatin. Die von Michael Eibl angesprochenen Einrichtungen könnten in einem neu zu gründenden Sozial- und Bildungsbeirat auf Landkreisebene ihre Wünsche und Ziele bündeln und definieren, schlug die Landratskandidatin vor. Mit „Kein Jugendlicher darf verloren gehen“ definierte sie eine Zielmarke und brachte damit zum Ausdruck, dass frühzeitig Maßnahmen ergriffen werden müssen, um allen jungen Menschen durch frühzeitige Unterstützung einen Schulabschluss und im Anschluss eine Ausbildung zu ermöglichen.

Barbara Wilhelm, Beauftragte der Polizei für Frauen und Kinder im Polizeipräsidium Niederbayern, berichtete, dass Konflikte leicht dort entstünden, wo die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein Problem darstelle. Deshalb müsse mehr Beratung sichergestellt werden, um in Folge u. a. Gewalt vorzubeugen, doch seien die Beratungsstellen personell zu gering ausgestattet. Tanja Schweiger ging in diesem Zusammenhang zunächst auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein, die eigentlich kein Thema für einen Workshop sei, sondern vielmehr gelebt werden müsse. Sie bestätigte, dass zwar hinsichtlich Kinderbetreuungseinrichtungen inzwischen viel passiert sei, Bedarf sehe sie jedoch weiterhin an vielen Arbeitsplätzen. Kopfnicken erntete sie bei zahlreichen Besuchern, als sie darauf verwies, dass viele Frauen morgens bereits etliche Stunden Familienarbeit verrichtet hätten, bevor sie an ihrem Arbeitsplatz einträfen. Dies müsse mehr gesehen und gewürdigt werden. Es sei deshalb zu fragen, ob jemand unbedingt auf die Sekunde pünktlich, aber gestresst am Arbeitsplatz eintreffen müsse. Verständnis und Sensibilität sowie individuelle und flexible Lösungen seien ihrer Meinung nach eher Schritte in die gewünschte Richtung statt konstruierter Programme, die aufgrund unterschiedlicher Anforderungen an den verschiedenen Arbeitsplätzen kaum Aussicht auf erfolgreiche Umsetzung hätten. Im Hinblick auf die Wohnungssituation sehe sie den Landkreis in der Pflicht, geeigneten bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen, um zum Beispiel auch alleinerziehenden Müttern eine Perspektive zu geben. Sie pflichtete Barbara Wilhelm bei, dass die Beratungsstellen für Frauen oder auch die Frauenhäuser besser ausgestattet werden müssten, weil Gewalt an Frauen und Kindern auch in die Folgegenerationen wirkt. Es handle sich nach wie vor um ein großes Tabu, aber die Gesellschaft sei hier zur Hilfe verpflichtet.

Damit „Menschen dort leben können, wo sie wollen“, brauche es ländlichen sozialen Wohnungsbau, brachte Sozialpfarrer Monsignore Thomas Schmid vor, der sich zudem für einen freien Sonntag stark machte. Tanja Schweiger erklärte hierzu, dass sie besonderen Bedarf an Projekten mit 2- bis 3-Zimmer-Wohnungen sehe, die auch für sozial Schwächere bezahlbar sein müssten. Hier komme auch auf die landkreiseigene Wohnungsbaugenossenschaft eine wichtige Aufgabe zu. Vorstellen könne sie sich einen „Preis für innovatives Bauen“ unter sozialen Gesichtspunkten, der beispielweise auch generationenübergreifendes Wohnen berücksichtige. Wenn dann noch leer stehende Anwesen oder Gebäude mit einbezogen werden könnten, seien mehrere Gesichtspunkte berücksichtigt.

Monsignore Thomas Schmid brach schließlich noch eine Lanze für das Ehrenamt und die Berücksichtigung der zu Hause Pflegenden. Hier stellte Tanja Schweiger klar, sie wisse aus eigener Erfahrung, wer andere zuhause pflege, brauche auch Unterstützung und freie Zeit für sich. Hier könnte in erster Linie ehrenamtlich organisierte Nachbarschaftshilfe zum Einsatz kommen, die es erfreulicherweise bereits in vielen Gemeinden gebe. Hier sei es allerdings auch wichtig, die unterschiedlichen Konzepte zusammenzubringen und voneinander zu lernen – beispielsweise an einem runden Tisch aller  Nachbarschaftshilfevereine im Landkreis. Dort könnten „best-practice“-Tipps ausgetauscht werden. „Wir danken für das offene Ohr und bieten dasselbe an“, signalisierte Monsignore Thomas Schmid der Landratskandidatin seine Bereitschaft für die Fortsetzung des Dialogs.

Kurz, knackig und mitten hinein legte Thea Lohner-Strebl den Finger in die Wunde: „Kein Mensch weiß, was es alles an Hilfe gibt“ und „Senioren sind auch Menschen“. Tanja Schweiger wusste, wovon die Regenstaufer Seniorenbeauftragte sprach. Auf Initiative der FW-Kreistagsfraktion hatten die Fraktionen jeweils einen Seniorenbeauftragten benannt, doch die hätten sich nur ein Mal getroffen, dann sei nichts mehr weitergegangen. Der Landkreis habe bereits eine Servicestelle, offenbar sei diese Stelle zu wenig bekannt, weshalb es eine stärkere Vernetzung mit den Gemeinden brauche. Ebenso müssten die Kreisräte wesentlich mehr Informationen erhalten, um als Multiplikatoren agieren und einen Beitrag dazu leisten zu können, dass Hilfe schnell zu den Menschen komme. Außerdem plädiere sie für Außensprechstunden, damit das Gute, das vorhanden sei, transparent gemacht und transportiert werde. Eine Art Seniorenforum könne auch hier dazu beitragen, „dass die zu Wort kommen, die ein Anliegen oder bereits gute Lösungen gefunden haben“.

Nicht nur bei Großeinsätzen hätten die 177 Feuerwehren der 41 Landkreisgemeinden regelmäßig eine hohe ehrenamtliche Einsatzbereitschaft unter Beweis gestellt, wusste Waldemar Knott zu berichten. Es gelte, das Ehrenamt zu sichern und es brauche „Menschen, die sich ausbilden lassen wollen“. Gerade beim 2013-er Hochwasser, bei dem sie intensiv vor Ort gewesen sei, erfuhr Tanja Schweiger, welch „beeindruckende Logistik die Feuerwehren aufgebaut haben“. Zu den wachsenden bürokratischen Hürden im Ehrenamt bot sie an, im Landratsamt eine Servicestelle für Vereine einzurichten, die bei juristischen Fragestellungen weiterhelfen könne.

Die Bedeutung der Landwirtschaft für die Menschen in der Region hob Johann Mayer hervor. Während in Deutschland rund eineinhalb Prozent der Beschäftigten in der Landwirtschaft tätig seien, komme man im Landkreis Regensburg auf 4,7 Prozent. Noch habe man im Landkreis rund 2.400 landwirtschaftliche Betriebe, für die beispielsweise die Energiewende und die Flutpolder-Thematik mit dem damit verbundenen Aktionismus schwerwiegende Herausforderungen darstellten. Als Landwirt habe man viele Berührungspunkte mit dem Landratsamt und brauchte dieses auch als Beratungsbehörde. Tanja Schweiger stellte klar, dass nur eine starke familiengeführte Landwirtschaft vor Ort die Garantie für gesunde Lebensmittel sei und sie dankbar für die Pflege der Kulturlandschaft sei. Sie habe in ihrem persönlichen Umfeld viel mit Landwirten zu tun und kenne die Probleme gut. Sie werde im Rahmen der Gesetze alles Mögliche tun, damit sich auch die nachfolgenden Generationen für eine Fortführung des Familienbetriebs entscheiden. Zum Thema Polder erklärte sie souverän und schlüssig: „Dies ist aktuell das Brennendste, das wir haben. Alles andere können und müssen wir selbst lösen, hier entscheidet München. Die Donau wurde immer mehr angestaut, was den Pegel steigen ließ und sich negativ auf das Grundwasser auswirkte.“ Die Landratskandidatin plädierte dafür, das Wasser schon in der Fläche zurückzuhalten. Sie sei für mehr dezentrale Rückhaltemöglichkeiten in der Fläche statt prestigeträchtige Projekte zu fördern. Beim Thema Polder müssten ihrer Meinung nach die Verantwortlichen aller Ebenen weiterhin parteiübergreifend tätig werden, um eine für die Menschen in der Region und entlang der Donau einvernehmliche Lösung zu finden.

Die Besucher der Veranstaltung waren sich einig: Mit Tanja Schweiger werden mehr Bürgerorientierung und mehr Bürgerservice ins Landratsamt einziehen. Die FW-Kandidatin ließ keinen Zweifel daran: „Ich stehe für kurze Wege und praxisorientierte Lösungen, um den Zusammenhalt in der Gesellschaft im Landkreis Regensburg zu fördern.“ Zusammen mit ihren Gesprächspartnern, dem Moderator Christian Omonsky und den Geschwistern Reisinger gelang es ihr, den Besuchern einen informativen und auch heiteren Abend zu bereiten. Ein Gstanzl-Bonmot erster Güte à la Reisinger war der „First Sir“. In diese Rolle müsse Hubert Aiwanger, der Landes- und Bundesvorsitzende der Freien Wähler, schlüpfen, wenn seine Lebenspartnerin Tanja Schweiger Landrätin werde. Er nahm’s mit Humor.